Ile d‘Yeux bis La Rochelle
Im Reiseführer steht, wer die Ile d´Yeu besucht, der ist im Süden angekommen. Und das stimmt irgendwie
auch! Das Landschaftsbild ist ein komplett anderes als in der Bretagne. Die Häuser sind allesamt weiß
getüncht mit roten Dachziegeln und pastellfarbenen Fensterläden. Man sieht nun vermehrt Palmen,
Bananen- und Feigenbäume. Auch im Hafen wird es internationaler. Franzosen, Deutsche, Holländer, Belgier
und viele Engländer tummeln sich im kleinen Hafenbecken und es wird viel über die Reling geschnattert. Und
aus dem Radio tönen nicht mehr ausnahmslos französische Chansons, sondern ab und zu ist auch ein
spanischer Hit dabei. Super! Außerdem fahren hier auf der Insel noch jede Menge alte Renaults und
Peugeots, was dem Stadtbild einen besonderen Charme verleiht.
Wir planten wieder mehr als einen Tag für diese Insel ein, denn wir wollten uns in Ruhe umsehen. Mit Ilona
& Andi radelten wir 25km einmal um die ganze Insel und genossen die Natur. Beeindruckende Strände, alte
Ruinen. Hügelgräber… es wurde nicht langweilig. Am Folgetag radelten wir Richtung St. Sauveur, die
„inoffizielle Hauptstadt“ der Insel. Dort angekommen, guckten wir uns erst um, dann fragend an. Hier war
absolut tote Hose! Nun ja, vielleicht waren auch unsere Erwartungen nur zu hoch. Es gab einen kleinen
Gemüsehändler, einen Fischladen und zwei Weinhändler. Also eigentlich alles, was eine französiche
Hauptstadt braucht!!
Von der Ile d´Yeu wollten wir eigentlich nach Les Sables-D´Olonne fahren. Ein Bootsnachber erzählte uns
aber, dass der Hafen wegen einer Regatta für eine Woche gesperrt sei und die kleinen Häfen in der Nähe
sicherlich entsprechend überfüllt sein würden. Nach kurzem Beratschlagen mit der YOKO stand fest: wir
fahren gleich durch bis La Rochelle. 64 Seemeilen! Hui, so weit sind wir ja schon lange nicht mehr gefahren!
Würde das wohl gut gehen?? Es ging gut! Das Wetter war schön und der Wind…. seufz…. anfangs wieder
eher zu wenig als zu viel. Wir setzten endlich mal unseren Blister, ein besonders großes und leichtes Segel für
wenig Wind. Bei wenig Wind direkt von hinten ist es allerdings etwas schwierig zu steuern, was die Fahrt ein
bisschen anstrengend machte, aber später drehte der Wind und frischte etwas auf. Zusätzlich schob uns die
Strömung unserem Ziel entgegen, so dass wir z. T. mit bis zu 8 Knoten Geschwindigkeit dahin sausten!
Herrlich! Um unsere Freude nicht zu überschwenglich werden zu lassen, wickelte sich der Blister beim
Einholen um´s Vorstag, so dass Jörg ihn nicht herunter ziehen konnte. Es ist ziemlich blöde, wenn so ein
riesiger Stofflappen unkontrolliert hin und her flattert und man nichts machen kann! Glücklicherweise
befreite sich das Segel selbst und konnte dann geborgen werden.
Um 19 Uhr erreichten wir den riesigen Hafen „Port des Minimes“ von La Rochelle. Hier gibt es ca. 5.000 (in
Worten: fünftausend!) Liegeplätze. Masten, so weit das Auge reicht! Und weil hier die großen Katamarane
hergestellt werden, war der Hafen voll mit eben diesen….. nagelneu versteht sich! Wir fühlten uns mit
unserem alten BigFoot irgendwie ein bisschen fehl am Platze. Aber die YOKO-Crew wartete schon auf uns
und, obwohl wir alle ziemlich müde waren, wollte Andi uns unbedingt noch auf ein Bier in der Stadt
einladen. Also schwangen wir uns auf unsere Drahtesel und radelten die 2 km in die City. Was für eine gute
Entscheidung! Wir waren von Anfang an total geflasht von dieser tollen Stadt! Hier tobt das Leben!
Straßencafés und Restaurants sind voll von Menschen verschiedener Nationen, Straßenmusikanten und -
künstler sorgen für gute Unterhaltung und das Ganze ist wieder umrahmt von historischen Gemäuern und
schnuckeligen kleinen Gassen. Eine schöne Belohnung für uns nach der langen Fahrt.
Am nächsten Vormittag besuchten wir einen sehr großen Markt. Auch hier verspürte man wieder
internationales Flair. Neben französischen Köstlichkeiten fanden wir auch afrikanische und spanische Stände.
Jörg wollte unbedingt Tacos essen. Steffi hatte eigentlich noch keinen Hunger, aber lecker sahen die Dinger ja
aus… Also zwei Stück geordert. Der Verkäufer, der alles frisch zubereitete, fragte uns, ob wir 5 min. Zeit
hätten. Na klar! Wir verabredeten, dass wir einfach in ein paar Minuten wieder kommen würden, um unsere
Mahlzeit abzuholen. Als wir dann an den Stand zurück kehrten, lächelte er uns freundlich an und fing DANN
an, die Fladen vorzubereiten. Zunächst wurde der Teig geknetet, hingebungsvoll zum Fladen geformt, auf den
heißen Stein gepackt. Dort bruzzelten die guten Stücke eine gaaaaanze Weile vor sich hin. Inzwischen fing
der Taco-Bäcker an, seelenruhig die anderen Zutaten erstmal zu schnippeln. Dies war für die deutsche
Pünktlichkeit im Allgemeinen und Steffi´s begrenzter Geduld im Speziellen eine Herausforderung. Zwei
andere Kunden wurden zwischenzeitlich ruck zuck bedient (keine Ahnung, was an deren Bestellung anders
war). Das Gute an der Sache war, dass auch Steffi inzwischen Hunger verspürte. Allerdings machten wir uns
langsam Sorgen, ob wir wohl rechtzeitig zum Deutschland-Spiel wieder im Hafen sein würden! Nach 25 min.
hielten wir dann endlich unsere Snacks in den Händen! Der Verkäufer entschuldigte sich für die Verzögerung.
Steffi lächelte ihn gelassen an, meinte, das wäre doch kein Problem und wünschte ihm noch einen schönen
Sonntag. Geduldsprobe mit Bravour bestanden!! Und geschmeckt haben die Teile auch!
Wir schafften es also rechtzeitig zum deutschen WM-Spiel, welches wir zusammen mit Ilona & Andreas auf
der YOKO guckten. Was für ein Desaster!! Lag es vielleicht an unserer Taco-Aktion, dass Mexico gewonnen
hat?? Egal! Wir ließen uns davon nicht den Abend verderben, sondern ließen es uns mit Miesmuscheln und
Wein gut gehen.
In La Rochelle ist die dritte Übernachtung kostenlos! Großartig!! Keine Frage, wie viele Nächte der Spar-Fuchs
gleich bei Ankunft buchte. ;-) Wir hatten also Zeit für La Rochelle, insgesamt waren wir sogar 4 Nächte dort.
Wir ließen uns durch die Stadt treiben, besichtigten historische Gebäude und Türme. Und das alles bei
schönstem Sommerwetter! Eine Stadt, die man ruhig öfter besuchen kann.
Dann sollte es mal wieder auf eine Insel gehen. Wir hatten wunderbares Segelwetter! Leider ist die Ile de Ré
nur ca. 2 Bootsstunden von La Rochelle entfernt und so war es ein kurzes Segelvergnügen. Der Hafen ist
tidenabhängig und wird durch eine Schleuse geschlossen. Katamarane dürfen nicht in den kleinen, engen
Hafen und so musste die YOKO „draußen“ am Ponton bleiben. Im Hafen war ein ziemliches Boots-Gewusel
und wir lagen wieder mit mehreren Booten im Päckchen. Weil das Wetter fantastisch war, wurde einstimmig
beschlossen, dass unbedingt mal wieder gegrillt werden muss. Wir fanden ein sensationelles Plätzchen mit
Blick auf´s Meer und den sensationellen Sonnenuntergang und die YOKO-Besatzung mixte sensationelle
Drinks! Es war ein sensationell schöner Abend. Nur, warum man ausgerechnet von einem Getränk namens
„Painkiller“ Kopfschmerzen bekommt, bleibt uns ein Rätsel.
Der Wind hatte zugenommen und stand genau auf die Hafeneinfahrt, was eine sehr unruhige Nacht für die
YOKO zur Folge hatte. Da der Wind weiter auffrischen sollte, beschlossen die Beiden morgens, wieder zurück
nach La Rochelle zu segeln, denn bei dem enormen Schwell will dort „draußen“ niemand liegen - außer
vielleicht ein paar schmerzbefreite Franzosen.
Wir waren also mal wieder allein und erkundeten zwei Tage lang mit dem Rad die tolle Umgebung. Auch
diese Insel ist wieder ganz anders als die anderen und besonders gut haben uns die Salinen gefallen. Eine
weitläufige Fläche mit unzähligen Salzbecken, wo das begehrte Meersalz gewonnen wird.
Wie ihr gemerkt habt, sind wir inszwischen ein ganzes Stück die Küste entlang in die Biskaya rein gefahren.
Als wir gestartet sind, war ja noch nicht klar, ob wir von Brest oder Camaret-sur-Mer die Biskaya überqueren
nach A Coruna, oder ob wir weiter an der Küste entlang fahren. Es war auch keine bewusste Entscheidung,
diesen Weg jetzt zu nehmen. Wir sind quasi so „rein gerutscht“. Zusammen mit der YOKO haben wir von
Hafen zu Hafen geplant und dort, wo es schön sein sollte, sind wir hin gefahren. Das Wetter ist im Moment
sehr ruhig und so können die meisten Häfen problemlos angefahren werden. Wir haben ja meistens eher zu
wenig Wind, als zu viel! Bis jetzt gefällt uns diese Gegend richtig gut und wir glauben, dass wir eine Menge
Schönes verpasst hätten, wenn wir direkt rüber gefahren wären. Wie es weiter geht, wird sich zeigen.
Voraussichtlich geht es jetzt noch ein Stückchen die Küste entlang bis Bordeaux. Dort überlegen wir dann
nochmal. :-)
Blog